1992 rief die World Federation for Mental Health den Welttag der Seelischen Gesundheit ins Leben, einen Aktionstag am 10. Oktober, um auf psychische Erkrankungen und Erkrankte aufmerksam zu machen, zu informieren, Tabus zu brechen und Vorurteile abzubauen. In Deutschland organisiert und koordiniert das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit bundesweit Veranstaltungen rund um diesen Termin. So auch in Karlsruhe, wo Interessierte den ganzen Oktober über auf ein breites Spektrum an Angeboten in Stadt und Landkreis zurückgreifen können. U.a. ermöglichen die worKA im Karlspark und die HWK-Betriebsstätten Südstadt und Hagsfeld 2 einen Einblick in den Arbeitsalltag in Einrichtungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Die zentrale Veranstaltung „Irrsinnig menschlich in Karlsruhe“ fand am 10. Oktober im Sandkorn-Theater statt, zu der Moderatorin und städtische Drogenbeauftragte Cordula Sailer rund 80 Besucher begrüßen konnte. Als Repräsentantinnen von Stadt und Landkreis Karlsruhe waren Margit Freund, die Sozialdezernentin des Landkreises und Karina Langeckert, die Leiterin der Karlsruher Sozial- und Jugendbehörde erschienen. Beide hoben die Notwendigkeit der Enttabuisierung der Thematik hervor, und wie wichtig es ist, Angehörige und soziales Umfeld zu unterstützen. Daneben sollte mehr Präventionsarbeit geleistet werden. „Wir müssen den Fokus dahin richten, wo man etwas tun kann, und nicht das große Ganze betrachten.“ so Langeckert.
Zu Beginn hatte Cordula Sailer schon angekündigt, dass das ein Abend werden würde „aus dem die Schwere herausgenommen und Leichtigkeit in die Veranstaltung gebracht werde.“ So war der nächste Programmpunkt der Auftritt von Poetry Slammer Jan Cönig aus Frankfurt, der zwei Texte vortrug. „Paul“ befasste sich mit Alltagsverhalten und Denkmustern, die Anlass zum Nachdenken über die eigene psychische Gesundheit geben sollten. In „Das geht noch besser!“ thematisiert er das Streben nach unrealistischen oder unnötig hoch gesteckten Zielen. Die Mischung aus Humor und Tiefsinnigem fand beim Publikum großen Anklang.
Anschließend stellte Britta Schilhanek von Irrsinnig Menschlich e.V. aus Leipzig ihren Verein vor, der sich der Förderung der psychischen Gesundheit durch frühzeitige Präventionsarbeit verschrieben hat. Zielgruppe sind daher vor allem Jugendliche. Im Mittelpunkt steht dabei das Programm „Verrückt? Na und!“, dass sich insbesondere an Schüler*innen richtet. Wie man dabei vorgeht, demonstrierte Schilhanek den Anwesenden in einer praktischen Übung.
Hauptsächlich an Jugendliche bzw. Schulen wendet sich auch das Stück „#constantcraving“, das im aktuellen Spielplan des Jungen Staatstheaters enthalten ist. Das Auftragswerk von Stadt und Landkreis Karlsruhe sowie der AGJ Suchtberatung Ettlingen handelt von Verlangen und Abhängigkeit. Die beiden Schauspielerinnen Jeanne-Marie Bertram und Laman Leane Israfilova zeigten zum Abschluss der Veranstaltung Ausschnitte daraus, und bewiesen durch ihr Spiel wie altersunabhängig solche Themen sind.
Alles in allem war es eine Veranstaltung, die eine gelungene Mischung aus ernsten Inhalten und Momenten der Leichtigkeit bot, das Thema psychische Gesundheit offen ansprach und Impulse zum Nachdenken gab.
Daher war es schade, dass hauptsächlich Personen gekommen waren, die sich bereits beruflich oder privat engagieren bzw. ein offenes Interesse an der Problematik haben. Poetry Slam und Theater sind Medien, die sehr geeignet sind, um Kommunikation, Reflexion und Diskussion auf unterhaltsame Weise anzuregen. Ideal wäre daher deren Einsatz bei einer Veranstaltung in einem öffentlicheren Setting, das auch den zufälligen Passanten mit indifferenter Haltung spontan zum Zuhören bewegt.
von Sigrid Hohn